Streitfrage; wo stand die Burg?
Über den Standort der Burg in Andelfingen gibt es verschiedene Vorstellungen.
Die Stauber-Chronik (1940) kommt aus verschiedenen Gründen zum Schluss, dass die Burg am Standort der alten Kanzlei, an der Schlossgasse 26 stand:
„Dieser Neubau kann nicht an der Stelle des bisherigen Schlosses ausgeführt worden sein, da nach der Vogteirechnung Andelfingen von 1614 am alten Schloss Umbauten vorgenommen wurden; so verbesserte man des Schlosses Ringmauer ob dem Bach, die eingefallen war. Die Rechnung von 1615 enthält Ausgaben für Fensterläden für das alte und das neue Schloss.“
„Ein Fenstersturz in der Stallung des jetzigen Schlosses zeigt die Jahrzahl 1546 eingemeisselt; er ruht auf zwei unteren Teilen eines gotischen Fensters mit dem gleichen Profil, wie es an den Fenstern der alten Kanzlei zu sehen ist. Das kleine Fenster stammt wohl aus diesem Gebäude und ist 1613/14 ins neue Schloss eingesetzt worden."
Aufnahmen der Denkmalpflege (1981) durch Isabell Hermann bringen die Erkenntnis, dass die Burg bereits schon am jetzigen Standort des Schlosses, an der Schlossgasse 14 gestanden haben muss:
„Nach E. Stauber, Geschichte der Kirchgemeinde Andelfingen, soll diese Burg nicht an der Stelle des heutigen Schlosses, sondern weiter westwärts bei der „Alten Kanzlei“ gestanden haben. Das heutige Schlossareal soll erst 1613/14 überbaut worden sein. Diese Annahme möchte ich aufgrund von folgenden Feststellungen anzweifeln:
1. In einer Rechnung der Landvogtei Grüningen von 1551 (StAZ Nr. F III/13) wird erwähnt, dass der Zimmermann vor dem Bau der Scheune in Grüningen jene in Andelfingen anschaute („Uly Choyfeller alls ich ine gan Andellffingen geschickt und in Loyffen die selbigen Schüren zu besächen...“). Die Scheune kann also nicht erst 1645 gebaut worden sein, sondern wie auch auf einem Fenstersturz eingehauen schon 1546, also 5 Jahre vor dem Bau der Grüninger Schlossscheune.
2. Die Planaufnahmen des Vorgängerbaus des Schlosses (StAZ B 582) zeigen eine deutliche Zweiteilung des Wohngebäudes. Das Schlossgebäude war durch alle Geschosse durch eine dicke, quer zum First verlaufende Mauer geteilt. Im heutigen Schlossbau ist diese Trennwand im Keller und im Erdgeschoss erhalten. Diese Feststellung erlaubt die Annahme, dass diese beiden Teile nicht gleich alt sind, dass der eine Teil später hinzugefügt wurde.
3. E. Stauber begründet seine Annahmen mit der Erwähnung der neuen und alten Burg in der Vogteirechnung von 1614. Es erscheinen dort Ausgaben für Fensterläden für das alte und das neue Schloss. Nach Argument Nr. 2 ist nahe liegend, dass der eine Teil – vermutlich der östliche Gebäudeteil – 1614 neu angefügt und als neues Schloss bezeichnet wurde. So ist auch leicht verständlich, dass gleichzeitig am neuen und alten Schlossteil neue Fensterläden eingesetzt wurden.
Diese Argumente rechtfertigen die Annahme, dass die heutige Schlossanlage älter als 1614 ist und dass die Burg schon immer an dieser Stelle war.“
Zu diesem Schluss kommt auch eine Restauratorische Untersuchung von 1992. Diese wurde anlässlich des Wunsches des damaligen Altersheims, Nasszellen in die Zimmer einzubauen, vom Gemeinderat in Auftrag gegeben:
„Dass der trapezoide Teil älteren Ursprungs sein könnte, kann man daraus vermuten, dass er offenbar auf die Geländetopographie Rücksicht nimmt, was beim Burgenbau häufig der Fall war.“
„Man muss, auch ohne präzisere Kenntnis von Geschichte und Funktion davon ausgehen, dass zumindest Teile des Gebäudes zu früheren und sehr frühen Bauphasen gehören.“
Gedanken:
Ungenaue Bezeichnungen erschweren die Nachforschungen und das Verständnis: So ist die Bezeichnung Tobel für drei Orte möglich, die Bezeichnung Bach für zwei und auch Scheunen gab es beim Schloss mehrere. Auch die Bezeichnungen Burg, Schloss, altes Schloss, neues Schloss werden nicht konsequent für einen bestimmten Bau verwendet.
Vieles bleibt ungewiss oder könnte evtl. durch Untersuchungen und aufwändige Nachforschungen in den Archiven herausgefunden werden.