Ein Hauch von Exotik

Im 19. Jahrhundert war ganz dem Trend entsprechend die Freude an fremden Pflanzen auch im Schlosspark Andelfingen gross. Die ehemalige Existenz von zwei Orangerien, alte Bilder und Überlieferungen belegen dies.
Dieses Bild von ca. 1920 bestätigt, dass auf dem Rondell ein grosser Mammutbaum stand. Gut erkennbar sind zwei Blumenbeete und eine Zierbanane. Der Mammutbaum wurde in den zwanziger Jahren gefällt und die Blumenbeete wurden in den vierziger Jahren aufgehoben und ums Rondell an den Gehölzsaum verlegt. Die Orangerie hinter dem Schloss wurde 1929 abgerissen, stattdessen wurde das heutige Hinterhaus gebaut. Die zweite Orangerie wurde 1868 erbaut. Der dazugehörige Gewächshausteil wurde um 1902 abgerissen. 1983 wurde die Orangerie zu einer Wohnung umgebaut. Anstatt der Orangerien dienen heute die Schlossscheune, das Gewächshaus, das Treppenhaus und die Keller als Überwinterungsraum für die Kübelpflanzen. Die Orangerien erhielten ihren Namen von den Orangenbäumen, die nebst anderen Kübelpflanzen darin überwintert werden. Orangenbäume können blühen und gleichzeitig reife Früchte tragen. Warum nehmen Gartenfreunde so viel Mühe auf sich, Blumen für ihre Balkone und Blumenbeete zu ziehen, warum schleppen sie täglich Wasser zu ihren Kübelpflanzen und plagen sich im Herbst, diese in einen geeigneten Überwinterungsraum zu tragen? Eine mögliche Antwort steht in einem Buch über Sommerblumen: Wer Sommerblumen sät, erntet Freude. Die Schmucklilie, auch Liebesblume genannt, gehört zu den klassischen Kübelpflanzen. Wer keine Kübel schleppen, aber doch nicht auf die Schmucklilie verzichten möchte, dem sei die winterharte Art empfohlen. Die Clivien sehen im Blatt den Schmucklilien ähnlich und stammen wie diese aus Südafrika. Als schöne Winterblüher waren Clivien einst in fast jeder Stube anzutreffen. Durch das aufkommen der Zentralheizung hat die Blühfreudigkeit der Clivien nachgelassen, oder besser gesagt, das Wissen, wie man eine Clivie zum blühen bringt, ist vielfach verloren gegangen. Nicht nur in Kübeln, auch in den Blumenrabatten sind fremde Pflanzen anzutreffen. Die Freude an den Tulpen führte 1637 sogar zu einem Börsenkrach. Seit etwa 16 Jahren zieren den Sommer über etwa acht verschiedene Passionsblumen die Schlossfassade. Einzig die Passiflora incarnata ist winterhart (und teilweise die bekannte Passiflora caerulea). Die anderen müssen im Herbst ausgegraben und im Gewächshaus überwintert werden.  Für eher schattige Plätze erweisen sich besonders Fuchsien als sehr dankbare Pflanzen, sei es in Kübeln, oder ausgepflanzt in Sommerrabatten.Diese sehr schöne Sorte "Checkerboard" fand als Steckling den Weg in den Schlosspark, als Souvenir von einer Ferienreise nach England.
Nebst Kübelpflanzen, den Sommerrabatten findet sich auch im Schnittblumengarten ein grosses Feuerwerk an blühenden fremden Pflanzen. Dabei kann auf keinen Fall auf die Zinnien verzichtet werden. Zu den klassischen unverzichtbaren Schnittblumen gehören auch die Dahlien. Die Sortenvielfalt ist unendlich. 2010 hat der Schlossgärtner begonnen,  selber Dahlien aus Samen zu ziehen. Nach dem überraschenden Resultat wird es wohl noch weitere Experimente geben. Warum haben wir Freude an fremden Pflanzen, warum nehmen wir all die grosse Mühe der Pflege auf uns? Ist es eine Sehnsucht nach der Ferne, nach dem Besonderen, letztendlich nach dem Paradies? Was auch immer es ist, Pflanzen, wie diese Taro (Colocasia esculenta) können faszinieren! Die Vielfalt in der Natur ist unendlich. Als ich vor Jahren ein Bild der Sternwinde (Quamoclit lobata) sah, war mir sofort klar, dass ich diese haben muss. Doch das war gar nicht so einfach. Erst nach langer geduldiger Suche hielt ich den ersehnten Samen von dieser prächtigen einjährigen Kletterpflanze in der Hand. Nur wenige Monate später entdeckte ich die Sternwinde als Samenneuheit auch im Migros und Volg. Viele scheuen den grossen Aufwand in der Pflege von exotischen Pflanzen, verursacht durch ihre Frostempfindlichkeit. Doch es gibt auch Ausnahmen, z.B. winterharte Opuntien: Ausgepflanzt an heissen, trockenen Stellen gedeihen sie bestens. Alte Fotos und Notizen des langjährigen Schlossgärtners Konrad Herter belegen, dass in früheren Jahren Bananenstauden, vorwiegend Zierbananen (Ensete ventricosum) den Sommer über auf dem Rondell ausgepflanzt waren und mit ihrem imposanten Blattwerk dem Park eine besondere exotische Note verliehen.
In Anlehnung an diese Tradition pflanzte ich am 12. Mai 1993 eine ganz besondere Banane aufs Rondell, eine japanische Faserbanane (Musa basjoo). Diese Art stellt eine Ausnahmeerscheinung unter den Bananen dar, da sie mit gutem Winterschutz  als einzige bei uns im Freien ausgepflanzt überwintern kann.